23 Tage das erste Mal mit eigenen Boot unterwegs, vom Tegeler See in Richtung Ostsee, diese nicht erreicht, 11 Hafentage, davon nur 4 planmäßig, aber sehr froh über die erste Fahrt.
„Fahrt los, das Wetter ändert sich ständig!“
Diese Worte von Willi Rodemann und Elke Bock, längst auf der Ostsee segelnd, gaben den Ausschlag, trotz der schlechten Wettervorhersagen für den Juli 2011 unseren ersten Segeltörn mit unserer Bianca 27 zu starten.
Der geplante Abreisetag Freitag, der 15.Juli, „verwöhnte“ uns noch einmal kräftig mit Sturm und Regen, so dass wir kurz entschlossen erst abends um 23 Uhr an Bord gingen.
Am nächsten Morgen konnten wir bei herrlichem Sonnenschein unsere Fahrt über den Oder-Havel-Kanal beginnen.
Für Toni war diese Tour nicht neu, hatte er doch Elke und Willi schon ein paar Mal begleitet. Aber auf eigenem Kiel unterwegs zu sein, bedeutet schon etwas Anderes, zumal wir beide uns „einspielen“ mussten bei den Schleusen und den Manövern in den Häfen. Alles lief gut schon mal bei unserer ersten Schleusung in Lehnitz; nach 2 1/2 Stunden Wartezeit fuhren wir nur noch weiter bis zur Marina Marienwerder.
Weil es für mich, Sylke, die erste Fahrt über den Kanal war, gönnten wir uns kurze Strecken, fühlten uns also nicht in Hektik, Stettin zu erreichen.
Start am zweiten Morgen, um 8.15 Uhr bei sonnigem Wetter Richtung Schiffshebewerk Niederfinow: könnten doch die Schleusen alle so gemütlich sein!
Das anschließende Anlegemanöver in unserer zweiten Schleuse Hohensaaten war dann nicht so gelungen. Als Neuling hat man durchaus ein Problem, wenn man mit achterlichem Wind die passende Stange nicht so schnell greifen kann bei den großen Abständen an der Spundwand.
Zum Glück verloren für mich an diesem zweiten Tag auf dem Kanal die Zillen ihre beeindruckende Autorität!
Vor der Einfahrt zum Sportboothafen PCK Schwedt war durch Aufschwemmung eine Sandbank entstanden, die überwunden oder umfahren werden muss (was wir nicht wussten). Für uns bedeutete dies „überwinden“, weil wir erst einmal aufsaßen, aber nach kurzer Zeit wieder frei kamen. Mit unserem Tiefgang von 1,40 m mussten wir jedenfalls vor dem eigentlichen Hafen „draußen bleiben“, fanden aber doch einen vernünftigen Platz am Kai.
Das Wetter blieb schön! Das hieß am dritten Tag für uns, statt uns zu beeilen, die Sonne im Unteren Odertal zu genießen und nach kurzer Fahrt noch einmal Halt im Oderstädtchen Gartz einzuschieben. Wir haben angelegt an den neu ausgebauten Stegen, uns den Ort angesehen und abends mit Seglern geklönt, die von der Ostsee kamen, braungebrannt, und viel erzählten.
Nach unserer Ankunft in der Marina Goclaw in Stettin am Mittag des 4. Tages brauchten wir nicht allzu lange auf das Maststellen zu warten. Das Manöver hat uns leider einen Knick im Vorstag (Rollfock) eingebracht; wir waren nicht so richtig begeistert über die Mitarbeit des Hafenpersonals. In der Folge ließ sich die Genua nicht abschlagen, um die kleinere Fock zu setzen, also mussten wir sie bei starkem Wind stückweise einrollen, leider stand sie dadurch nicht so optimal.
Am Nachmittag erreichte auch Gerd Strauß aus der S.V.T. Berlin mit seiner Familie Goclaw, die sich entschieden, noch nach dem Maststellen weiter nach Ziegenort (Trzebiez) zu segeln. Ihr Glück: wir durften stattdessen an diesem Abend im Hafen einen Mückenüberfall überstehen. Außerdem kündigte der amtliche Seewetterdienst um 23.05 Uhr Wetteränderungen an, Wind aus NO 3-4 bft, NW drehend, auf 5 bft und mehr zunehmend. Deshalb hieß es also, uns zu sputen am nächsten Morgen, wir wollten Ueckermünde an diesem 5. Tag erreichen. Schnelle Fahrt mit 4 ½ bis 5 kn. Aber hinter Brama Towa frischte der Wind sehr auf, Welle kurz und steil, und wir machten nur noch 1 kn bis 2 kn Fahrt mit Motor gegen Wind und Welle. Wir entschieden Ueckermünde sausen zu lassen und kehrten bei Tonnen 9/10 um, mit dem Ziel, Ziegenort anzulaufen.
Der Hafen von Ziegenort war übervoll. Im Seglerhafen stand bei dem kräftigen Wind aus Nordwest ein solch heftiger Schwell, dass auch uns nicht der Sinn danach stand, dort anzulegen. Was blieb also übrig? Der ehemalige Zollkai, direkt in der Durchfahrt zwischen Hafen und östlicher Insel: hier suchten noch etliche Segel- und Motorboote Schutz an diesem Tag vor der Starkwindwarnung für das Stettiner Haff; der Wind stürmte aus NW durch die Durchfahrt. Obwohl wir mit fast allem, was uns zur Verfügung stand, festlagen, brachte Toni in der Nacht weitere Ruckfender aus. So konnten wir die nächsten Tage Sturm und Regen abwettern.
Urlaub bei Starkregen in Ziegenort: nachdem wir dieses Städtchen erkundet hatten, entdeckten wir die kleine Hafenbar mit guten Fischgerichten, zwei Abende waren dort kulinarisch abgesichert, trotz unserer reichlichen Vorräte an Bord.
Drei volle Hafentage bescherte uns der Wettergott und am nächsten Nachmittag für Vanadis und drei weitere Schiffe ein Verholmanöver, weil ein Fahrgastschiff genau„unseren“ Platz am Kai benötigte, um Gäste aufzunehmen. Es war nicht ganz leicht und mit einer leichten Kollision verbunden dieses Manöver bei Regen und Starkwind um 7 bft, durchzuführen; Schaden 600 Euro. Auch das Fahrgastschiff hatte Probleme und schaffte es erst nach Rammen der Spundwand beim dritten Anlauf anzulegen.
Am 8. Tag unserer Reise, nachdem wir um 14:00 noch den Start einer einwöchigen Regatta mit polnischen, deutschen und schwedischen Seglern Richtung Insel Wolin erleben konnten, entschieden wir uns erstmalig das Großsegel zu reffen, um am Sonntag früh, Tag 9, zu starten, zumal der Seewetterbericht für den nächsten Tag abnehmenden Wind aus SW um 4 vorhersagte. Wir hatten dann beim Start um 6.30 noch immer 5-6 bft auf der Windanzeige und segelten mit 5 kn bei sonnigem Wetter Richtung Ueckermünde. Kein Regen!!! 3 Stunden ging es zügig voran, der Wind frischte noch mal kräftig auf, 7 bft in Böen und die Wellen wurden steiler. Nach Kursänderung nach West eine anstrengende Fahrt, mit Motorunterstützung fuhren wir gegen die Wellen an, die schräg von vorn kamen. Ankunft in Ueckermünde Lagunenstadt um 11.30 Uhr.
Montag, an unserem 10. Tag, segelten wir bei herrlichem Wetter weiter nach Mönkebude.
11. Tag, Dienstag, der 26. Juli, Wettervorhersage um 6.40 Uhr: schwach umlaufende Winde aus NNW, dennoch ließen wir uns um 7.30 erst einmal die frischen Brötchen schmecken, die der Hafenmeister brachte. Das windstille Wetter hieß „Motorwetter“ und so schipperten wir bei herrlichem Sonnenschein und milden Temperaturen über Haff und Achterwasser. Einen Segelversuch brachen wir in Höhe Lassahn wieder ab, es wehte einfach nicht genug. Beide Brücken, die Zecheriner und die Wolgaster, ersparten uns längere Wartezeiten, wir hatten die Zeit gut abgeschätzt, so dass wir um 17.45 Uhr in Karlshagen anlegen konnten.
Über Karlshagen ist nicht viel zu sagen, der Hafen war sehr voll und hektisch, aber ohne jegliche Urbanität. Den eigentlichen Ort Karlshagen an der Seeseite erreichten wir zu Fuß in 45 min, erst Vorortgärten, dann Plattenbauten und zuletzt am Ostseestrand eine neue Bebauung mit Seebadambiente.
Weil Toni leider Probleme mit seinem Rücken hatte, kamen wir am nächsten Morgen nicht so richtig in die „Puschen“ und verließen den Hafen erst um 11.50 Uhr. Kröslin lag sozusagen „vor der Haustür“, ein weiterer Ruhetag mit viel Sonnenschein. Den Hafen hatten wir nahezu für uns allein und die Bäckerei des Ortes bot allerlei Leckeres.
Und dann wieder Regen!!! Nachts um 4 Uhr prasselte es los auf Dach und Deck, kurzzeitig schliefen wir nicht, steckten gespannt die Köpfe aus der Kajüte und zogen sie auch gleich wieder ein: absolute Flaute und völlig unsichtig. Um 9 Uhr pfiff uns dann der Wind um die Nasen und der Seewetterbericht gab für die nächsten 12 Stunden eine Sturmwarnung für Boddengewässer und Haff heraus.
Wir spazierten trotz Dauerregen nach Freest, ein hübscher Ort. Auch dort hatten viele Segler in dem kleinen Hafen Schutz gesucht. Der abendliche Seewetterbericht vom 28. Juli meldete weiterhin Starkwind für unsere Region, es stürmte und regnete die ganze Nacht hindurch, konstant 5 bft auf unserer Windanzeige trotz land- und waldgeschützter Leelage.
Am Freitag fuhren wir per Bus ins Seebad Lubmin, wanderten 4 Kilometer längs der Küste zum AKW- und Seglerhafen, im Regen. Zum Aufwärmen eignete sich das Restaurantschiff „ MS Vaterland“ mit Blick auf die Schiffe und mit dem Kernkraftwerk im Rücken, das nach vorheriger Anmeldung besichtigt werden kann.
Aufgrund der Wetterlage segelten wir nicht weiter nach Westen, obwohl uns Greifswald schon gereizt hätte. Aber unsere Zeit wurde etwas knapp, drei Wochen insgesamt und eigentlich war ja auch der Weg das Ziel, das gilt ebenso für die Rückfahrt! Am 15. Tag, morgens an einem Sonnabend segelten mit 5,8 kn von Kröslin Richtung Wolgast, bis uns hinter Karlshagen wieder einmal prasselnder Regen erwischte, der in Sekundenschnelle die Sicht verschlechterte. Mit Groß und verkleinerter Genua bei Wind aus N um 4 und weiteren Regengüssen erreichten wir um 14 Uhr den Abzweig nach Krummin. Die Sicht wurde sehr schlecht, wir tasteten uns buchstäblich durch die Stellnetze Richtung Hafen und waren richtig glücklich, diese kleine Idylle zu finden.
Von Krummin gönnten wir uns einen Tag für einen Ausflug mit der Bäderbahn nach Zinnowitz und stromerten bei schönem Wetter am schönen Strand der Ostsee.
Am folgenden Morgen segelten wir früh bei günstiger Windrichtung über das Achterwasser, für kurze Zeit noch in Nebelfeldern und mit Schauerböen, bis wir doch wieder den Motor anschmeißen mussten, weil der Wind völlig einschlief. Dafür wagte sich dann im Laufe des Vormittags die Sonne hervor und beschien uns und das spiegelglatte algengrüne Wasser.
Wir erreichten Mönkebude um 14 Uhr und hätten ein prima Anlegemanöver gehabt, wenn nicht ich, Sylke, über Bord gegangen wäre. Wie, ist und bleibt ungeklärt, jedenfalls fand Toni mich auf dem Kai liegend, kurzzeitig bewusstlos und ohne Erinnerung an das aktuelle Geschehen sowie die vergangenen Tage. Nach Eintreffen vom Roten Kreuz und Notarzt der Feuerwehr, alarmiert durch die Hafenmeisterin, wurde ein Rettungshubschrauber vom Uniklinikum Greifswald gerufen, weil das CT in der Klinik Ueckermünde defekt war. Toni durfte mit Genehmigung des Hubschrauberpiloten, einem passionierten Segler, mit in die Klinik fliegen. Mir wurden mit der Diagnose Schädel-Hirn-Trauma und diversen Prellungen am Körper zwei Tage absolute Bettruhe verordnet. Toni verbrachte Montag Nacht in Greifswald, bevor er wieder zum Schiff zurückkehrte. Mittwochmittag um 12 Uhr war ich dann endlich wieder an Bord! Dieser Tag diente der weiteren Erholung, abends feierten wir meine Rückkehr mit einem feinen Fischessen in der Strandhalle.
20. Tag, Donnerstag: Vorhersage Wind aus SO 3-4, zunehmend 5-6, mit der Gefahr von Gewitterböen. Nach dem Auslaufen und Segelsetzen kreuzten wir etwa 3 Stunden, bis wir entnervt den Motor anmachten, um mit Unterstützung von Groß und Genua wenigstens halbwegs voranzukommen, den Wind immer gegen an auf SO-Kurs. Um 16.40 Uhr holten wir auf der Höhe Untiefentonne WWE Groß und Genua vollständig ein und liefen bei stärker werdendem Wellengang Ziegenort an. Am nächsten Morgen verließen wir Ziegenort um 7.40 Uhr, konnten aber leider wieder nicht segeln, der Wind stand bei SO weiterhin gegen an. Das Mastlegen gelang diesmal in Goclaw prima und zügig, Gartz erreichten wir abends um 19.15 Uhr bei herrlichem Wetter. Auch der Hafenmeister in Gartz verwöhnt seine Gäste mit leckeren Brötchen, nach dem Frühstück starteten wir um 9.10 Uhr zu unserer vorletzten Etappe. Abends um 20 Uhr haben wir nach einer gemütlichen und sonnenreichen Fahrt in Marienwerder festgemacht und zusammen gesessen mit Seglern aus dem Potsdamer Yachtclub und einer ehemaligen Schülerin von Toni, die wir dort trafen. Sonntagmorgen um 5 Uhr wurden wir geweckt von heftigen Regenschauern, auch nach unserem Start um 7.05 Uhr hielt sich das recht wechselhafte Wetter. Mittags um 13.30 Uhr legten wir in der S.V.T. an, glücklich, etwas müde und stolz auf unsere erste Ferienreise mit der Vanadis!
Sylke Reiff-Peters und Toni Reiff